1874 erkannten die Chemiker Joseph Le Bel und Jacobus van't Hoff unabhängig voneinander, dass Kohlenstoff eine dreidimensionale, tetraedrische Anordnung für seine Substituenten bevorzugt. In der Tat würde das Abflachen eines 3D-Moleküls wie Methan eine enorme Menge an Energie erfordern - mehr als 600 kJ pro Mol. Aber das hat die Forscher nicht davon abgehalten, planare tetrakoordinierte Kohlenstoffverbindungen herzustellen, von denen die erste in den späten 1980er Jahren berichtet wurde.
Die Herstellung von flachem tetravalentem Silizium erwies sich jedoch als schwieriger, obwohl berechnet wurde, dass die Verformung des Siliziumanalogons von Methan - Tetrahydrosilan - von tetraedrisch zu planar deutlich weniger Energie erfordert (450 kJ pro mol). Bisher war nur ein einziges Exemplar von planarem Silizium bekannt, eine Gasphasen-Spezies, die nie isoliert worden war.
Chemiker in Deutschland haben nun die ersten thermisch stabilen Siliziumverbindungen geschaffen, die das van 't Hoff-/Le Bel-Konzept verletzen. Das planare Silizium ist Teil eines trapezoidalen Kerns mit drei verschmolzenen Moleküldreiecken, von denen eines neben dem planaren Silizium auch zwei planare Kohlenstoffatome enthält.
Die leuchtend gelben Verbindungen sind nur mäßig luftempfindlich und zersetzen sich erst beim Erhitzen auf mehr als 200 °C. Schwache Bindungen zwischen den Kohlenstoffatomen und den Metallatomen auf beiden Seiten - entweder Molybdän oder Wolfram - helfen, die Struktur zu stabilisieren. Darüber hinaus wird das zentrale Silizium-Kohlenstoff-Dreieck zusätzlich dadurch stabilisiert, dass es aromatisch ist, da es zwei delokalisierte π-Elektronen besitzt.